Das Literaturarchiv
Saar-Lor-Lux-Elsass
und seine wichtigsten
Nachlässe
Prof. Dr. Günter Scholdt
Beginnen wir mit den hauptsächlichen Aufgaben:
Das Archiv sammelt
- (belletristische und essayistische) Literatur im Raum
Saarland, Lothringen, Luxemburg und Elsass, besonders zum Thema "Grenze" seit
etwa 1870,
- entsprechende Schriftstellernach- bzw. Vorlässe,
- Literatur über die Autoren und das geschichtliche
Umfeld.
Es erstellt
- Findbücher, Bibliographien (auf EDV-Basis),
- Texteditionen aus dem Nachlass,
- Publikationen der Forschungsergebnisse.
Darüber hinaus fördert es die Beschäftigung mit dieser Literatur im
Rahmen von
- Seminaren, Vorlesungen, Gastvorträgen, Symposien,
Ausstellungen,
- studentischer Beratung (z.B. bei Examensarbeiten)
und
- allgemeiner Öffentlichkeitsarbeit. So existiert z.B. seit gut
15 Jahren ein Gesprächsforum über diese Literatur, das jedem Interessenten auch
außerhalb der Universität offen steht. Die Sitzungen finden in der Regel
14-täglich statt. Wer sich darüber informieren oder zu den Terminen schriftlich
eingeladen werden will, wähle die Tel.-Nr. 0681/302-3327.
Über die Literatur im Dreiländereck sind unter Beteiligung des
Archivs bereits eine Reihe von Dissertationen, Staats- oder Magisterarbeiten
verfasst worden, darüber hinaus von Archivmitgliedern zahlreiche Monographien
oder wissenschaftliche Aufsätze. Vgl. das Publikationsverzeichnis auf unserer
Website. Für Studenten bietet unser Archiv die Chance, in einem
weitgehend unbekannten Literaturterrain mit Originaltexten an bisher
unveröffentlichten Nachlässen zu arbeiten und ungehemmt von Bergen an
Sekundärliteratur zu selbstständiger Deutung und Wertung zu
gelangen.
Unter den editorischen und
bibliographischen Leistungen wäre in erster Linie die auf 15 Bände konzipierte
Gustav-Regler-Werkausgabe zu nennen, herausgegeben von Gerhard
Schmidt-Henkel, Ralph Schock, Günter Scholdt und Hermann Gätje. Es handelt sich
dabei ausschließlich um Mitglieder des Archivs oder eines seiner Vorläufer.
Erschienen sind bereits die Bände 1, 2 und 4-9. Von Hermann Gätje stammt seit
1998 eine Gustav-Regler-Bibliographie der Primär- und Sekundärliteratur sowie der
Nachlassbestände. Sie erscheint im Internet und wird jährlich ergänzt. Das
Gleiche gilt für Hermann Gätjes im Jahr 2000 abgeschlossene Norbert-Jacques-Bibliographie. Ebenfalls im Internet befindet sich eine 1997 beendete
Bibliographie und Typologie von Astrid Schomers und Peter Walter mit dem Titel
"Literatur
der Arbeitswelt und Arbeiterliteratur an der Saar (von 1850 bis zur
Gegenwart)", Produkt eines Kooperationsprojekts
mit der Arbeitskammer des Saarlandes. Im gleichen Rahmen entstand Peter Walters
1999 fertig gestellte Anthologie literarischer Texte mit dem Titel "Soll mich
wie ein Hund abschinne... Literatur und Arbeitswelt an der Saar in zwei
Jahrhunderten". Seit Juli 2001 ist als weitere Internet-Publikation eine
kommentierte Bibliographie über
Maria Croon im Netz, verfasst von Ruth Rospert
in Zusammenarbeit mit Hermann Gätje. Eine Reihe weiterer Projekte befindet sich
im Planungs- bzw. ersten Durchführungsstadium. Eines der nächsten wird die
Bibliographie Anton Betzners sein, zu der bereits eine Aufnahme der
Rohdaten vorliegt. Gleichzeitig läuft die digitale Erfassung des
umfangreichen Nachlasses von Oskar Wöhrle durch Iris Grob im Rahmen einer
AB-Maßnahme. Und das Ganze wird gekrönt durch das Projekt ELSA, über das
wir ja heute noch ausführlich reden werden.
Ein Wort zu den Beständen: Wir
verfügen über eine in zügigem Ausbau begriffene Präsenzbibliothek mit ca. 2.500
Bänden, die sich durch die Integration in die SULB noch erheblich vergrößern
wird, des weiteren Tondokumente, CDs, Videos. Im Folgenden skizziere ich unsere
wichtigsten bzw. umfangreichsten Schriftstellernach- bzw. -vorlässe,
beginnend mit:
Gustav Regler
(1898-1963):
Die Bestände dieses Autors,
gesammelt seit 1978 in der "Arbeitsstelle für Gustav-Regler-Forschung" am
Lehrstuhl von Prof. Gerhard Schmidt-Henkel, bilden die Keimzelle unseres später
auf den ganzen Grenzraum erweiterten Archivs.
Reglers wichtigste Lebensstationen
wie Merzig, Worpswede, Berlin, Paris, Moskau, Madrid und Mexiko veranschaulichen
die politisch-ideologischen Turbulenzen des 20. Jahrhunderts, stehen für
Engagement und Desillusionierung zugleich. Er war zeitweilig Kommunist, Emigrant
und Spanienkämpfer und schrieb zur Saarabstimmung 1935 den Agitations- und
Heimatroman "Im Kreuzfeuer".
Wichtigste Werke: "Die Saat", "Der
große Kreuzzug", "Sohn aus Niemandsland", "Verwunschenes Land Mexiko",
"Aretino", "Das Ohr des Malchus".
Archivalien:
Originalbestände (Peggy Regler, Hermann Lehnhoff); dazu Kopien von Annemay
Regler-Repplinger (Merzig), Irmela Abramzik (Bremen), Haus im Schluh (Worpswede)
u.a.; mit den Kopien weitgehend kompletter Nachlass. Allerdings tauchen ständig
neue Bestände auf.
Dem saarländischen Weltbürger
Regler stehen in reizvollem Kontrast drei typische "Daheimbleiber"
gegenüber:
Maria Croon
(1891-1983):
Aus dem Saargau stammende, lange
in Merzig lebende Heimatdichterin. Wichtigste literarische Chronistin des
Landlebens einer vergangenen Epoche in der Region zwischen Saarlouis und Trier.
Die Neigung zu harmonisierender Erbauung des Lesers verbindet sie in ihren
besten Werken mit einem unbestechlichen Blick für die Schattenseiten solcher
"Idyllen".
Wichtigste Werke: "Das Werk einer
Magd", "Die Taakbank", "Die köstliche Mühsal", "Heielei hett", "Die
Dorfstraße".
Archivalien:
Originalbestände, weitgehend kompletter Nachlass.
Albert Korn
(1880-1965):
Schichtmeister,
Knappschaftsamtmann, 1924 aus gesundheitlichen Gründen aus dem Berufsleben
ausgeschieden. Sein erster von elf Gedichtbänden erschien 1914: "Klingt hinaus!"
Naturverbundener Heimatdichter, der die Region um seinen Geburtsort Dillingen
besang. Zuweilen klischeehaft, etwas schlicht und stark zeitgebunden, aber als
meistvertonter Autor des Saarlands für dessen damaliges Literaturverständnis
ausgesprochen kennzeichnend. Ca. 250 seiner Gedichte wurden vertont, vorwiegend
für Chöre.
Wichtigste Werke: Letzte Grüße an
die Heimat; Vazehlches van Dahämm (Mundartgedichte).
Archivalien:
Originalbestände, Nachlass komplett
Johannes Kirschweng
(1900-1951):
Dem einstigen Kaplan von Wadgassen
wurde jüngst sogar ein Denkmal errichtet. Er und sein Antipode Gustav Regler
gelten als bedeutendste saarländische Autoren ihrer Zeit. Neben spezifischen
Texten katholischer Erbauung finden sich eindrucksvolle (teils zeitbefangene,
teils vorwärts weisende) Verarbeitungen der wechselvollen Grenzgeschichte des
saarländisch-lothringischen Raums.
Wichtigste Werke: "Der Überfall
der Jahrhunderte", "Das wachsende Reich", <"Feldwache der Liebe", "Die Fahrt der
Treuen", "Der Neffe des Marschalls", "Der Schäferkarren".
Archivalien: Der Nachlass
ist weitgehend verloren. Im Archiv befindet sich das einzige erhaltene
Originalmanuskript eines größeren Werks ("Der Schäferkarren") sowie Kopien von
Texten, die nicht in die Werkausgabe aufgenommen wurden.
Eine weitere Gruppe von Autoren in
unserem Archiv zeichnet sich durch intime Regionalkenntnis aus, verbunden mit
sozialkritischen Akzenten:
Alfred Petto
(1902-1962):
Geboren in Saarbrücken-Malstatt.
Er war Rechtspfleger am Amtsgericht Saarbrücken, was ihm zahlreiche Anregungen
für seine schriftstellerische Tätigkeit bot. "Ich versuche die Welt
darzustellen, die ich kenne, durch Herkunft und Beruf", lautete sein
schriftstellerisches Motto. Dennoch sind seine Texte nicht ausschließlich auf
die saarländische Heimat fixiert, vielmehr kristallisieren sich aus einer
regional geprägten Lebenswelt existentiell-menschliche Grundfragen
heraus.
Wichtigste Werke: "Das
Saarbergmannskind", "Und die Erde gibt das Brot", "Die grauen Berge", "Die
Mädchen auf der Piazza", "Das Jahr der Versuchung".
Archivalien:
Originalbestände, Nachlass weitgehend komplett.
Anton Betzner
(1894-1976):
In Köln geborener, in Spanien
gestorbener, zeitweilig in Fechingen lebender Autor. Frühes Mitglied des
hiesigen Schriftstellerverbands und Funkautor am Halberg. Schrieb den Saar-Roman
"Die schwarze Mitgift". Spätexpressionistischer Erzähler von eindringlicher
psychologischer Sezierkunst. Redakteur von Döblins Zeitschrift "Das goldene
Tor".
Wichtigste Werke: "Antäus", "Die
Gebundenen", "Basalt", "Der gerettet Ikarus", "Der Mann hieß
Lazarus".
Archivalien:
Originalbestände, weitgehend kompletter Nachlass, sowie Kopien von Antonia
Betzner-Lepper und Madeleine Beck-Schmandt (Merenberg).
Petra Michaely
(1925-2000):
In Saarbrücken geboren. Nach
Abitur, Arbeits- und Kriegshilfsdienst war sie kurzzeitig bis zum Zusammenbruch
der Westfront als Zeitungsvolontärin tätig. Nach dem Krieg und dem Tod des
Vaters führte sie dessen Baugeschäft weiter. Danach übernahm sie Aufgaben in
Presse und Rundfunk, wofür sie mehrfach ausgezeichnet wurde. Ihr erster Roman
"Eltern zwischen gestern und morgen" (1980) entstand nach einer Familienserie
für den Saarländischen Rundfunk. Vier Jahre später erschien als Erinnerung an
die Mädchenjahre im 2. Weltkrieg der Roman "Die Wandlung der Karola Martin".
Darüber hinaus hat Petra Michaely, deren Domäne im Bereich der Sozialreportage
liegt, zahlreiche, nur zum Teil veröffentlichte Artikel, Essays, Märchen und
Erzählungen verfasst.
Wichtigste Werke: "Eltern zwischen
Gestern und Morgen", "Die Wandlung der Karola Martin".
Archivalen:
Originalbestände, weitgehend komplett (z.Z. ausgelagert).
Kritische Töne finden sich noch
gesteigert bei
Alfred Gulden
(*1944),
wiewohl auch er zuweilen durchaus
zu einer poetischen Liebeserklärung an die Region fähig und bereit ist. In
Saarlouis geboren, lebt als freier Autor abwechselnd in München und
Wallerfangen. Studium der Theaterwissenschaft und Germanistik, ausgebildeter
Sprecherzieher, 1968/69 Leiter einer Theatergruppe und Mitorganisator von
"Aktionsraum I" in München. Seit 1972 Kurse über rhetorische Kommunikation.
Veröffentlichte u.a. Erzähltexte, Mundartgedichtbände, Schallplatten, CDs,
Hörspiele und Fernsehfilme. Zahlreiche Auszeichnungen (z.B.
Stefan-Andres-Preis)
Archivalien: Kompletter
Vorlass, der sich künftig noch erweitern dürfte. Bereits jetzt in Größenordnung
von ca. 50 000 Seiten (Manuskripte, Typoskripte,
Tagebücher, Werkbücher,
Drehbücher, Korrespondenz und Rezeptionszeugnisse). Ein Drittel der Materialien
befindet sich bereits jetzt in unserem Archiv.
Guldens Vorlass, dessen
Erwerb durch die Unterstützung von DFG und Saartoto möglich wurde,
ist für unser Literaturarchiv von herausragender Bedeutung.
Denn
1. ist dieser Autor ein (hier
geborener und wechselweise hier lebender) auch überregional geschätzter und
preisgekrönter Schriftsteller.
2. Zählt er mit Gedichten wie dem
poetischen Klassiker "De Grenz" und programmatischen Aufsätzen zu den
wichtigsten Autoren und Theoretikern einer modernen
Dialektliteratur.
3. Gehören das Saarland und
Lothringen zu seinen bevorzugten künstlerischen Schauplätzen. Wie kaum ein
anderer lebender Schriftsteller hat er sich über Jahrzehnte hinweg in allen
geläufigen Genres mit Problemen dieser Region auseinander gesetzt. Im
Bereich der Epik z.B. mit Werken wie "Auf dem Großen Markt." (1977) oder "Die
Leidinger Hochzeit" (1984). Moselfränkische Lyrik, zum Teil auch gesungen bzw.
vertont, erschien in zahlreichen Gedichtbänden, Schallplatten oder CDs, von "Lou
mol lò lò laida" (1975), über "et es neme wiit freja wòòa" (1981) bis "Vis a vis
ma" (1987). Die Gesamtausgabe seiner Mundartlieder erschien 2000 unter dem Titel
"Onna de langk Bääm". Hinzu kommen Essays z.B. im Sammelband "Nur auf der Grenze
bin ich zu Haus" (1982), Theaterstücke oder Hörspiele wie "Naatschicht" (1979),
"Saarlouis 300" (1980) bzw. "Krejch misst et gen" (SR 1976). Er verfasste Texte
zu Bildbänden wie "Saarland" (1993/94) oder "Der Saargau" (1984/85) und schrieb
insgesamt 33 Filme über saarländische oder lothringische Themen unter Titeln
wie: "Grenzfall Leidingen" (SR 1983, ARD), "Grenzlandschaft" (SR 1983); "Jeder
hat sein Nest im Kopf" (ARD, Prod. BR, 1983); "Saarländische Momente" (3 Sat,
1995) oder "Ich-Reisen durch Lothringen" (SW 3, 1992-95). Innerhalb dieser
regionalen Ausrichtung ist seine Beschäftigung mit der deutsch-französischen
Grenzproblematik besonders hervorzuheben. Stellvertretend nenne ich lediglich:
"JOHO" (Johannes-Hoffmann-Portrait, SR, 1985); "Osterreise. Eine Reise durch
Lothringen nach Theodor Fontane" (SWF III, 1990); "Schang heißt Jean heißt Hans.
Ein saarländischer Balanceakt" (SW 3, 1991) oder "Monsieur Villeroy, ein
Franzose im Saarland". Dass seine literarischen Initiativen auch außerhalb
Deutschlands Anerkennung finden, belegen wiederholte Frankreich-Stipendien bzw.
seine Ehrung als Chevalier de lOrdre des Arts et des Lettres.
Dem bedeutendsten moselfränkischen
Lyriker des Landes steht der bedeutendste rheinfränkische zur
Seite:
Heinrich Kraus
(*1928):
Geboren in St. Ingbert, lebt seit
1964 im pfälzischen Miesau. In mehr als zwei Dutzend Gedichtbänden in
rheinfränkischer Mundart behandelt er religiöse, sozialkritische oder
bacchantische Themen. Er gehört zu den Autoren, die belegen, dass der Dialekt
durchaus Sprache literarisch anspruchsvoller Texte sein kann. Zum Kennenlernen
empfiehlt sich das Buch "Rechts un links von de Großbach". Daneben auch Lyrik,
Prosa und Stücke in Hochdeutsch sowie Kinder- und
Jugendbücher.
Wichtigste Werke: "Rechts un links
von de Großbach", "Haltestellen", "Mord in Rischweiler".
Archivalen:
Originalbestände, vom Autor gestiftet.
Des weiteren drei Autoren mit
besonderer europäischer Dimension in ihrem Schaffen
Hans Bernhard Schiff
(1915-1996):
Der geborene Berliner kam nach dem
2. Weltkrieg aus dem französischen Exil ins Saarland. Er war Mann der ersten
Stunde der saarländischen Nachkriegsliteratur und Pionier des Saarländischen
Rundfunks. Verfasser von Lyrik, Prosa, originellen Essays und philososphischen
Betrachtungen. Als Freund und Förderer war er in der saarländischen Literatur-
und Kunstszene immer präsent als eine Art saarländischer Goncourt, wie er einmal
treffend charakterisiert wurde.
Wichtigste Werke: "Die
Rothaarigen", "Gerecht ist die Erde...", "Erde wo ich lebe", "Odysseus auf dem
Jahrmarkt" (Gesammelte Erzählungen).
Archivalen:
Originalbestände, Nachlass weitgehend komplett.
Lisa Stromszky
(1921-1999):
Geboren im österreichischen
Burgenland, wuchs sie in dieser Grenzregion in einem mehrsprachigen Elternhaus
auf. Nach dem 2. Weltkrieg kam sie durch Heirat ins Saarland, wo sie der Gedanke
der deutsch-französischen Aussöhnung und Annäherung faszinierte. Im Zentrum
ihres Lebens und Werks steht die Philosophie eines christlichen Humanismus und
der Gedanke der Völkerverständigung. Sie war langjährige Vorsitzende des
Landesverbands Saar des Freien Deutschen Autorenverbands. Auf ihre Initiative
gehen die Europa-Tage des FDA zurück. Sie war auch dessen erste
Europa-Beauftragte.
Wichtigste Werke: "Weißt Du nicht,
dass ich Dein Schatten bin?", "Verlierer in Rot-Weiß-Rot", "Der letzte Tanz",
"Die Freiheit des Schriftstellers" (Reden und Aufsätze).
Archivalien:
Originalbestände, weitgehend kompletter Nachlass.
Felicitas Frischmuth
(*1930):
In Berlin geboren, lebt seit 1959
in St. Wendel. Ihr literarisches Werk umfasst zahlreiche Gedichte, Erzähl- und
Begleittexte zur Kunst. Trägerin des Kunstpreises des Saarlandes. Von ihrer
Verbundenheit mit der deutsch-französischen Grenzregion zeugt exemplarisch der
1995 gemeinsam mit dem Lothringer Bernard Vargaftig verfasste Lyrikband "Im
Gehen/Quand on marche".
Wichtigste Werke: "Papiertraum",
"Die kleinen Erschütterungen", "Landzunge", "Im Gehen/Quand on
marche".
Archivalien:
Originalbestände, von der Autorin gestiftet.
Das Literaturarchiv
Saar-Lor-Lux-Elsass freut sich natürlich auch über Materialien von Autoren
jenseits der Grenzen. Neben kleineren Konvoluten von Carla Helene Hoermann,
Friedrich Lienhard, Lucien Schmitthäusler oder André Weckmann seien in erster
Linie genannt: <
Norbert Jacques
(1880-1954)
Luxemburger Globetrotter mit
späterem Wohnsitz am Bodensee. Einer der bedeutendsten Vertreter des
literarischen Exotismus in Deutschland. Verfasser enthusiastischer Reisebücher
und packender Abenteuerromane. Erfinder der Romangestalt des Dr. Mabuse, die zu
einer Kultfigur des Jahrhunderts avanciert ist. Daneben war er jedoch ebenso ein
feinfühliger Schilderer regionaler Begebenheiten und ein Erzähler mit Gespür für
die Psychologie von Außenseitern.
Wichtigste Werke: "Funchal",
"Heisse Städte", "Der Hafen", "Piraths Insel", "Dr. Mabuse, der Spieler",
"Leidenschaft. Ein Schiller-Roman", "Mit Lust gelebt"
(Autobiographie).
Archivalien:
Originalbestände, weitgehend kompletter Nachlass.
Eduard Reinacher
(1892-1968):
In Strassburg geborener und
aufgewachsener, später bei Stuttgart lebender Erzähler, Lyriker und Dramatiker.
Sein Werk zeugt von seiner engen Beziehung zur Bildenden Kunst wie zur Musik. So
finden sich in seinem Werk zahlreiche künstlerisch gestaltete Ausgaben; einige
seiner Gedichte wurden von Paul Hindemith vertont. Die Palette seines Schaffens
reicht vom Schwank bis zum Trauerspiel, von der Saga und Lügengeschichte bis zum
Schlüsselroman, vom
Totentanzgedicht bis zur Ballade
oder Liebeslyrik. Charakteristisch ist auch sein lakonischer Humor, der
besonders in seinen satirischen Schriften zum
Vorschein kommt. Mehrfach
ausgezeichnet, u.a. erhielt er 1929 den Kleist-Preis für seine dramatischen
Dichtungen ("Der Bauernzorn"). Die Sendung seines Hörspiels "Der Narr mit der
Hacke" 1930 gilt als eines der experimentellen Funkereignisse der Weimarer
Republik.
Wichtigste Werke: "Robinson"
(Erzählung), "Die Hochzeit des Todes. Erzählungen und Verse", "Bohème in
Kustenz. Ein komischer Roman", "Elsässer Idyllen und Elegien", "Am Abgrund hin.
Fragmente der Lebenserinnerungen", "Die Aschermittwochs-Parade. Erinnerungen aus
einem Irrenhaus"
Archivalien:
Originalbestände: Zahlreiche Unikate und seltene Buchdrucke, z.T. vom Autor
glossiert; ca. 40 Manuskripte/Typoskripte bzw. Fragmente;
Briefwechsel mit Oskar
Wöhrle.
Oskar Wöhrle
(1890-1946):
Stammt aus St. Louis im Elsass.
Sein wechselvolles Leben umfasst jugendliches Vagabundentum, Flucht aus der
Fremdenlegion, Teilnahme am 1. Weltkrieg, später Arbeiter- und Soldatenrat,
Aufbau eines (linken) Verlags in der Anfangszeit der Weimarer Republik in
Konstanz, Exilzeit in Prag und schließlich Rückkehr nach Deutschland und
Mitarbeit in der elsass-lothringischen Kulturpolitik der Besatzer. Seine
Existenz spiegelt damit die krisenreiche und verhängnisvolle politische
Entwicklung in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts. Wöhrles Laufbahn ist
beispielhaft für so manchen Zickzackkurs deutscher
Intellektueller.
Wichtigste Werke: "Der Baldamus
und seine Streiche", "Querschläger", "Johann Hus. Der letzte Tag",
"Sundgaubuch".
Archivalien:
Originalbestände, umfangreicher Nachlass, der durch einige Bestände in St. Louis
bzw. Dortmund (Fritz-Hüser-Institut) komplettiert werden kann.
Karl Christian Müller
(Pseudonym: Teut Ansolt) (1900-1975):
In Saarlouis geboren. Lyriker in
Anlehnung an Stefan George und als Führer der 1930 gegründeten "Trucht" einer
der markantesten Vertreter der deutschen Jugendbewegung. Germanistikstudium und
Promotion bei Ernst Bertram. Lange Jahre im saarländischen Schuldienst tätig.
Als Mitbegründer des Verbands saarländischer Autoren und dessen Vorsitzender von
1951-1964 war er eine der maßgeblichen Persönlichkeiten der Nachkriegsliteratur
im Saarland.
Wichtigste Werke: "Kranz des
Jünglings", "Hügel auf katalaunischem Feld", "Die Sandrose", "Waldsteine", "Der
Meerhornruf".
Archivalien:
Originalbestände, Nachlass weitgehend komplett.
Der letzte von uns aufgenommene
größere Nachlassbestand stammt von
Gerhard Stebner
(1928-2001):
Geboren in Neustettin/Pommern,
Studium der Anglistik, Germanistik und Philosophie. Nach der Promotion 1960
Bibliotheksausbildung, danach als wissenschaftlicher Bibliothekar an der
Universitätsbibliothek Saarbrücken bis zu seiner Pensionierung 1993. Neben
Übersetzungen, zahlreichen Studien u.a. zur englischen Literatur und zu
philosophisch-psychologischen Fragen trat er als Autor von Kurzprosa, Lyrik,
Hörspielen und Theaterstücken hervor. Aktiv im VS Saar, umfangreiche
Herausgebertätigkeit, Mitveranstalter von Symposien.
Wichtigste Werke: "Aneinander
vorbei" (Texte); "Der große Mittag" (Gedichte); "Epidemie. Ein Vampir-Spiel in
dreizehn Bildern"; Herausgeber: "Am Kap der guten Hoffnung: Literatur und
Provokation" (Anthologie); "Perspektiven des Todes. Interdisziplinäres Symposion
I" (Hg. zusammen mit Reiner Marx).
Archivalien:
Originalbestände, Nachlass komplett.
Zu diesen umfangreicheren
Beständen kommen kleinere und Autographen von gut zwei Dutzend weiterer Autoren
wie Hans Arnfrid Astel, Oskar Barth, Arthur Friedrich Binz, Liesbet Dill, Ludwig
Harig, Carla Helene Hoermann, Günter Kerner, Johannes Kühn, Friedrich Lienhard,
Herbert Mailänder, Werner Meiser, Heinz Müller-Dietz, Werner Reinert, Lucien
Schmitthäusler, Herbert J. Schmitt, Eduard Wahlster, André Weckmann, oder Paul
Willeke.
Soviel zu den Beständen. Lassen
Sie mich als Letztes ein kleines Fazit ziehen, verbunden mit den wichtigsten
Leitlinien, Zielen und konzeptionellen Folgerungen für unsere
Arbeit:
1. Das Literaturarchiv
Saar-Lor-Lux-Elsass schließt zumindest für den Bereich des Saarlands eine seit
Jahrzehnten klaffende kulturelle Versorgungslücke. Demgemäß richteten sich
unsere Anstrengungen zunächst darauf, im Rahmen einer Prioritätenliste das zu
sichern, was von den älteren (relativ) prominenten saarländischen
Schriftstellern überhaupt noch verfügbar war. Das Negativbeispiel Kirschwengs,
dessen Nachlass zu mindestens 90 % verloren ist, obwohl der Autor fast durchweg
hier lebte, durfte nicht Schule machen. Mit den Beständen Maria Croons, Albert
Korns, vor allem aber den Materialien der um 1900 geborenen Autorengeneration
(Gustav Regler, Alfred Petto, Karl Christian Müller und dem wenigen von
Kirschweng Überlieferten) haben wir diese Teilaufgabe überraschend schnell
erfüllt. Hinzu kamen von den Nachgeborenen Hans Bernhard Schiff, Petra Michaely,
Anton Betzner, Lisa Stromsky und Gerhard Stebner. Dass wir die Nachlässe von
Schiff, Müller und Petto gemeinsam besitzen, erleichtert nun auch die
institutionengeschichtliche Forschung. Denn alle drei Autoren spielten eine
hervorragende Rolle als Gründer und Vorsitzende des hiesigen
Schriftstellerverbands.
2. Natürlich darf die
Aufmerksamkeit nicht nur auf frühere Schriftstellergenerationen
beschränkt werden. Schließlich stiften die heute Schreibenden die Tradition von
morgen. Nichts wäre daher erwünschter als eine großzügige Zusammenarbeit der
Gegenwartsautoren mit dem Archiv. Einige Schriftsteller unterstützen uns schon
durch regelmäßige Informationen über ihre Tätigkeit, durch Schenkungen von
Büchern und Texten. Felicitas Frischmuth, Alfred Gulden und Heinrich Kraus haben
uns bereits jetzt mit umfangreichen Materialien bedacht, andere - wie Günter
Kerner, Martin Bettinger oder Johannes Kühn (zumindest für den Dialektbereich)
ihren Nachlass in Aussicht gestellt. Gestiftet wurden uns die komplette Sammlung
der Einsendungen aus 20 Jahren Mundartwettbewerb von SR und Saarbank sowie
zahlreiche Typoskripte aus 15 Jahren Literaturgespräch in Arnfrid Astels
"Saarbrücker Schule". Mögen noch Zögernde solche Hinweise als Appell
empfinden.
3. Mit Norbert Jacques für
Luxemburg, Eduard Reinacher oder Oskar Wöhrle für's Elsass und manche konkreten
Aussichten in Sachen Lothringen sind auch andere Länder bzw. Regionen durch
beachtliche Namen vertreten. Schließlich setzen wir bei all unseren Aktivitäten
ausdrücklich auf grenzüberschreitende Forschung und Kooperation.
Erfreulicherweise funktioniert die Zusammenarbeit z.B. mit der Universität
Strassburg und insbesondere dem "Centre national de littérature / Lėtzebuerger
Literaturarchiv" bestens und soll 2004 sogar mit einer gemeinsamen
Norbert-Jacques-Ausstellung gekrönt werden.
Einen Teil der Archivaufgaben
nehmen wir bislang nur wahr, weil viele der bei unsern französischen Nachbarn
entstandenen Texte über Jahrzehnte weitgehend übersehen, vergessen oder
verdrängt wurden. In dem Maße, wie sich aus neuerwachtem Selbstbewusstsein
lothringischer oder elsässischer Departements Bemühungen zur Materialsicherung
ergeben, erfahren wir dies als Arbeitserleichterung. Wir beschränken uns dann
gerne darauf, bibliothekarische bzw. biobibliographische Daten zu übernehmen
oder auszutauschen und Ratsuchende entsprechend zu verweisen. Insofern sehen wir
in der Bereitschaft der Pariser Administration, "langue et culture régionales"
im Elsass und in Lothringen als Abiturfach zuzulassen, und in manchen
archivalischen wie universitären Initiativen im Nordosten Frankreichs
ermutigende Signale. Je selbstverständlicher diese Forschung wird, umso
schneller dürften wir, was den französischen Raum betrifft, von Ratgebern zu
Informationsempfängern werden - eine Rolle, die vorbehaltlos zu begrüßen
wäre.
Was Luxemburg anlangt, so mangelt
es dort ohnehin weder am Bewusstsein der Notwendigkeit einer entsprechenden
Traditionspflege noch an energischen Anstrengungen zur Sicherung des kulturellen
Erbes. Spätestens 1995 mit der Eröffnung des "Centre national de littérature /
Lėtzebuerger Literaturarchiv" in Mersch existiert dort eine Institution, die für
unsere Entwicklung in vielem als Vorbild vor Augen steht. Hier können wir uns
getrost darauf beschränken, Standardwerke der Luxemburger Literatur bzw. Bücher
und Texte des Grenzthemas zu erwerben und den einen oder anderen Luxemburger
Examenskanditaten der Universität Saarbrücken dazu zu ermuntern, die heimischen
Autoren nicht kultursnobistisch zu übersehen. <
4. Wir betrachten es als
archivalische Hauptaufgabe, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass unsere
Region (besser als bisher) literaturgeschichtlich wie editorisch erschlossen
werden kann. Dem dienen wissenschaftliche Publikationen wie z.B. in der von
Herrn Prof. Hagenau herausgegebenen Reihe "Schriften der Saarländischen
Universitäts- und Landesbibliothek". Zudem soll in Kürze eine
traditionsstiftende Editionsreihe initiiert werden mit belletristischen
Neudrucken vergessener Autoren der Region. Und als langfristiges Projekt von
internationalem Zuschnitt ist eine mehrbändige literarische Anthologie zum Thema
"Grenze im Spiegel der deutsch-französisch-luxemburgischen Literatur
(1870-1955)" geplant. Hierzu liegen von unserer Seite bereits umfangreiche
Vorarbeiten vor, doch bemühen wir uns bei dieser grenzüberschreitend und
mehrsprachig konzipierten Textsammlung aus Objektivitätsgründen um
Kooperationspartner in Frankreich und Luxemburg.
5. Schriftsteller äußern sich seit
dem 20. Jahrhundert nicht mehr nur durch ihr gedrucktes Wort, sondern immer
häufiger in Form von Hör- und Sehtexten. Dem ist Rechnung zu tragen. Dem
"Saarländischen Rundfunk" z.B. (bzw. seinem Vorgänger "Radio Saarbrücken")
erwuchs im Lauf der Zeit ein gar nicht zu unterschätzendes Arsenal an
literarischen, feuilletonistischen bzw. literaturkritischen Produktionen. Eine
bereits andiskutierte Kooperation zwischen dem SR und unserem Literaturarchiv
zum Nutzen von literarisch Interessierten erscheint als Gebot der Stunde.
Natürlich stehen dem zahllose urheberrechtliche Hindernisse im Weg. Doch wo ein
politischer Wille gegeben ist - und ich appelliere hier ausdrücklich an die
Verantwortlichen - , sollten sich kreative Lösungen finden, die bürokratische
Hemmnisse überwinden.
6. Wer sich in der Archivarsszene
umhört, kann eines nicht übersehen: Das reine Literaturarchiv, dessen
Aufgabenbereich sich im Füllen von Bücherregalen, Zettelkästen oder PC-Dateien
erschöpft, ist passé. Wert und Ansehen solcher Einrichtungen neuen Typs werden
vielmehr nicht zuletzt an der Zahl und Qualität ihrer Editionen, Publikationen
und öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen gemessen. In sinnvoller Dosierung
gilt es, die Erwartungen einer Medien- und Ereignisgesellschaft gebührend zu
berücksichtigen, die vielfach in Forderungen nach spektakulären Ausstellungen
gipfeln und zunehmend auf ein Literaturmuseum hinauslaufen. Diese
Entwicklung wurde konzeptionell mitbedacht, und so sammeln wir neuerdings auch
verstärkt Objekte, die eine optische und akustische Präsentation nahe legen.
Zwar heißt es, im nächsten Jahrzehnt unsere Energien wohl weitgehend auf die
klassischen Aufgaben des Archivs und seinen zügigen Ausbau zu konzentrieren.
Doch verspielt gewiss die Zukunft, wer dessen spätere Weiterentwicklung zu einem
Museum als Fernziel aus den Augen verliert. Ob dies dann mit zentralem Standort
oder in dezentraler Zusammenarbeit verwirklicht werden kann, bleibt abzuwarten.
Sachlich geboten ist es allemal, zumal niemandem bange zu sein braucht, dass es
etwa am Mangel an Aus- bzw. Darzustellendem scheitern könnte.
7. Gerade für eine Institution in
ihrer Aufbauphase gelten bestimmte Prinzipien: Um respektiert und zu einem
ernsthaften Kooperationspartner zu werden, ist eine Mindestgröße des Archivs
bzw. seiner Bestände erforderlich. Dies hat mit Statusdenken zu tun, aber auch
mit der berechtigten Befürchtung, dass bloßer lokal- oder regionalpatriotischer
Aktionismus ohne überzeugende Entwicklungsperspektive nur zur
forschungsbehindernden Nachlasszersplitterung beiträgt. Demgegenüber fördert
eine einigermaßen bestückte und ausgestatttete Institution jene
Erkenntnisprozesse, die vereinzelte Literaturbestände erschweren. Bestände
ergänzen sich oder Informationen vernetzen sich, wenn sich z.B. im Nachlass
Müller Antworten auf Schiff-Briefe finden oder umgekehrt, bei Petra Michaely
Schreiben von Johannes Kühn oder bei Gerhard Stebner Materialien von anderen
Kollegen des VS. Aus allem ergibt sich die Notwendigkeit eines konsequenten
Ausbaus.
8. Unabhängig von Prestigedenken
bemisst sich der Wert einer Institution vor allem auch an ihrer klaren
Zielsetzung und ihrem unverwechselbaren Profil. Diese Voraussetzungen erfüllen
wir zweifellos, denn neben den Aufgaben einer zentralen Sammelstelle für die
Literatur des Saarlands gibt es noch die zusätzliche einer grenzüberschreitenden
Literaturschau, die Texte in deutscher, französischer und luxemburgischer
Sprache einschließt. Beide Literaturkomplexe standen aus unterschiedlichen
Gründen bisher im Schatten germanistischer Aufmerksamkeit. Denn einerseits
interessierte man sich überregional allenfalls für sog. kanonisierte Autoren,
andererseits besitzt die Grenzthematik - verglichen etwa mit Bereichen wie die
Exilliteratur oder die der modernen Avantgarde - unter Nachkriegsphilologen nur
eine äußerst spärliche Lobby. Dennoch dürfte sich in absehbarer Zeit auch unter
deutschen Germanisten herumsprechen, dass seit der Wende in Osteuropa
Grenzfragen weltpolitisch ins Zentrum gerückt sind und dass sich aus einer Fülle
entsprechender hier gesammelter Texte geradezu modellhaft bedeutsame
sozialpsychologische und mentalitätsgeschichtliche Einsichten gewinnen
lassen.
9. Ein paar Sätze zu alltäglichen
Problemen: Momentan müssen wir uns noch mit beengten bzw. verzweigten
Verhältnissen in drei verschiedenen Gebäudeteilen abfinden. Bessern wird sich
dies nach Abschluss der umgebauten Saarländischen Universitäts- und
Landesbibliothek, wo wir ein Stockwerk im Turm beziehen werden. Kern- und
Schmuckstück unseres Archivs wird dann ein 23 m langer Lesesaal, der
buchstäblich alle in dieser Region erschienenen Werke enthalten
soll.
Natürlich müssen wir künftig auch
unsere Finanzlage verbessern, um uns im Vorfeld von Akquisition, Edition und
Publikation unverhältnismäßig zeitintensive Manöver zu ersparen. Der Lösung
dieses Problems gilt künftig meine vornehmliche Aufmerksamkeit ebenso wie einem
drängenden Personalproblem.
Unser Archivteam besteht aus drei
fest Angestellten. Hinzu kommen situativ weitere ABM- bzw. Projektkräfte. Die
Fülle der skizzierten Aufgaben erfordert auf Dauer fraglos eine Vergrösserung
unserer Mannschaft. Nachdem die vorige Regierung in einem ersten Kraftakt die
personelle Grundausstattung gewährt hat, dürfte es kaum überraschen, dass wir zu
gegebener Zeit versuchen werden, auch die jetzige in Pflicht zu nehmen.
Einstweilen bemühen wir uns, durch vorzeigbare Leistungen ein solches Ansinnen
plausibel und unabweisbar zu machen.
10. Eine der größten Umwälzungen
des Archivwesens dürfte die Elektronik bewirken. Auf diese Herausforderung gilt
es, illusionslos, aber zukunftsorientiert zu reagieren. Zu viele Vorteile stehen
manchen künftig erwartbaren negativen Überraschungen gegenüber. Digitalisierung
verspricht m.E. auf Dauer die einzig finanzierbare Hilfe vor der schrecklichsten
Gefährdung aller Archive: dem zunehmenden Papierzerfall. Auch legen schlechte
Erfahrungen z.B. mit Kopien aus dem Regler-Nachlass nahe, künftig nicht mehr nur
auf diese Vervielfältigungsform zu setzen. Hier ermöglicht Scannen und digitales
Speichern eine viel authentischere Identifikation des jeweiligen Texts. Weitere
Vorteile ergeben sich im Rahmen von Nachlassergänzungen, und nicht zuletzt
entfallen für Forscher manche aufwendige und eigentlich nicht mehr zeitgemäße
Reisen, während Texte in Sekundenschnelle überspielt werden können. ELSA besitzt
somit für uns Modell- und Pioniercharakter in des Wortes vollster Bedeutung, und
ich bin meinem Kollegen Herrn Prof. Zimmermann und den uns unterstützenden
Ministerien sehr dankbar für diese Kooperation.
|